Meldungen aus dem Landesverband Berlin
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Sowjetische Kriegsopfer in Berlin

80 Jahre nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion recherchierten wir, wo die sowjetischen Kriegsopfer in Berlin bestattet worden sind, ob gefallene Rotarmisten, ins Deutsche Reich verschleppte Zwangsarbeiter/innen oder andere Opfergruppen.

Sowjetisches Ehrenmal auf dem Wilmersdorfer Waldfriedhof Güterfelde Volksbund/Martin Bayer

Vor 80 Jahren griff das nationalsozialistische Deutschland die Sowjetunion an – der Bruch des Nichtangriffspaktes überraschte nicht nur die sowjetische Führung. Das lang geplante „Unternehmen Barbarossa“ war von Beginn an ein Vernichtungskrieg gegen die „slawischen Untermenschen“ der NS-Rasseideologie, mit dem „Lebensraum im Osten“ geschaffen werden sollte. Abermillionen Menschen kamen von 1941 bis 1945 um, vor allem Zivilisten.

Auf 74 von 171 Berliner Grabstätten für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft finden sich Gräber von mehr als 28.600 Kriegsopfern aus der Sowjetunion. Dies sind zuvorderst die drei großen sowjetischen Ehrenmale, die nicht nur Denkmale für den Sieg der Roten Armee sind, sondern auch Kriegsgräberstätten.

Auf dem zentralen Ehrenmal im Tiergarten an der heutigen Straße des 17. Juni wurden ca. 2.500 gefallene Sowjetsoldaten bestattet. Das bekannte Ehrenmal mit seiner Rotarmisten-Statue von Lew Kerbel, flankiert von zwei T-34/76-Panzern und zwei Geschützen, wurde bereits am 11. November 1945 in der britischen Zone und auf dem Schnittpunkt der Ost-West- und Nord-Süd-Achsen der geplanten „Welthauptstadt Germania“ errichtet.

Das flächenbezogen mit 9,4 ha größte sowjetische Ehrenmal in Berlin befindet sich im Treptower Park. Errichtet von 1946 bis zur Einweihung am 8. Mai 1949, unterstreicht die von Jewgeni Wutschetitsch erstellte Monumentalskulptur die Rolle der Befreiung vom Nationalsozialismus. Ein Drittel des Geländes ist die Grabfläche für mehr als 7.000 Rotarmisten.

Das vielleicht unbekannteste der drei großen Berliner sowjetischen Ehrenmale befindet sich in Pankow-Schönholz und ist zugleich die größte Kriegsgräberstätte Berlins. Errichtet von Mai 1947 bis November 1949 auf 2,8 ha und dominiert von einem 33,5 m hohen Obelisk, wurden hier 13.200 Gefallene bestattet. Auf dem Gelände des 1947 bis 1948 erstellten sowjetischen Denkmals in Berlin-Buch waren einst auch Gefallene bestattet worden; diese wurden jedoch später auf das Ehrenmal Schönholzer Heide umgebettet.

Doch neben diesen drei deutlich sichtbaren Ehrenmalen befinden sich um 6.000 weitere bekannte Gräber auf 71 Grabstätten. Auf dem Wilmersdorfer Waldfriedhof Güterfelde wurden zumindest 1.466 Sowjetbürger/innen bestattet, nahezu alles Zwangsarbeiter/innen. Der im brandenburgischen Güterfelde gelegene Friedhof wurde 1913 eröffnet und wird vom Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf verwaltet. Auf dem Parkfriedhof Marzahn wurden insgesamt weit mehr als 5.000 Kriegsopfer bestattet, darunter 1.485 Tote aus der Sowjetunion, von denen 472 als Zwangsarbeiter/innen nach Deutschland verschleppt wurden; hinzu kommen 215 zivile Kriegsopfer, ein Opfer der NS-Verfolgung, zumindest 373 Rotarmisten sowie 296 Opfer mit unklarer Zuordnung.

Auf dem St. Hedwig-Friedhof IV in Lichtenberg wurden 1.292 Kriegsopfer der Sowjetunion bestattet – alles Verschleppte und somit in der Regel Zwangsarbeiter/innen und einige ihrer Kinder. Von den fast 1.600 Opfergräbern des Friedhofs Pankow XII in Buch sind 756 für sowjetische Tote: 165 zivile Opfer, 417 Verschleppte, 11 Vertriebene und 163 ohne klare Zuordnung. Auch auf dem Spandauer Friedhof „In den Kisseln“ mit seinen mehr als 6.000 Opfergräbern wurden sowjetische Tote bestattet: von drei Gefallenen und einem Zivilisten abgesehen waren diese erneut alles Verschleppte und damit in der Regel Zwangsarbeiter/innen. Ausschließlich aus jener Opfergruppe sind die 109 sowjetischen Toten des Parkfriedhofs Lankwitz – allein 81 Unbekannte liegen in einem Sammelgrab.

Ob auf dem Dreifaltigkeits-Friedhof III in Mariendorf (78 Tote), dem Friedhof Baumschulenweg in Treptow-Köpenick (65 Tote), dem St. Hedwig-Friedhof III in Reinickendorf (47 Tote), dem Charlottenburger Friedhof Ruhleben (40 Tote), dem Parkfriedhof Lichterfelde (18 Tote) – überall in der Stadt befinden sich die Gräber sowjetischer Opfer. Von den ca. 6.000 Toten außerhalb der drei großen Ehrenmale sind zumindest 4.387 von Verschleppten und damit üblicherweise Zwangsarbeiter/innen; die 462 Toten ohne Zuordnung kommen ebenso hinzu wie 442 Zivilisten/innen und weit mehr als 500 weitere Gefallene.

Nachfolgend 25 Namen sowjetischer Opfer, alle mit ihrer Lebensgeschichte, ihrem Leben, und dem verfrühten Tod – und gleichsam verweisen sie auf die Vielfalt der Völker innerhalb der Sowjetunion:

Akulina Ababkowa

Jewgeni Beinstein

Tamati Chamdajnsjuk

Stanislaw Drambrauskaite

Awtandil Eskaija

Nadeschda Fedorowa

Aschot Gewondjan

Bulatsch Hadstrigew

Eudoxia Iwanowa

Swjatosar Jofu

Kasimir Kaminsky

Taddäus Katzitadse

Choma Lappo

Afanasij Martschenko

Surab Natroschwili

Stanislaw Ossattschi

Matrjona Parchomenko

Iwan Quischek

Lindas Ratautos

Grigori Sacharow

Suren Ter-Ohanessian

Makari Ukolow

Dimitri Vladetschek

Iwan Wassiljew

Halina Ziganenko

Mögen Sie und all die anderen Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft in Frieden ruhen, in Berlin und anderswo. Sie alle mahnen uns, den kostbaren Frieden zu erhalten.

(Text: Martin Bayer)